Grenzüberschreitender Nachlass: Entscheidungen in Erbsachen obliegen dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltsorts

Häufig haben erbrechtliche Angelegenheiten einen grenzüberschreitenden Bezug – etwa wenn der Nachlass sich in verschiedenen Ländern befindet oder der Erblasser eine andere Staatsangehörigkeit hat, aber in Deutschland lebt. Für die Regelung solcher Sachverhalte gibt es in den EU-Mitgliedstaaten die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO). Die EuErbVO trifft dabei keine eigenen inhaltlichen Regelungen, sie bestimmt nur, welche nationale Erbrechtrechtsordnung auf einen Erbfall mit EU-Auslandsbezug zur Anwendung kommt.

Der Erblasser war französischer Staatsbürger, der in Frankreich lebte. Er hinterließ seinen beiden Söhnen einen Nachlass, der sich sowohl in Frankreich als auch in Deutschland befand. Einer der Söhne beantragte daraufhin beim Berliner Amtsgericht Schöneberg die Ausstellung eines auf die in Deutschland befindlichen Nachlassgegenstände beschränkten Erbscheins. Das Gericht lehnte dies jedoch ab, da es der Ansicht war, dass die Gerichte in Frankreich dafür zuständig seien, da der Erblasser eben dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Der Fall landete beim Europäischen Gerichtshof, der entschied, dass die Zuständigkeitsregelung in der EuErbVO für den gesamten Nachlass gilt – somit auch für solche Verfahren, die nicht zum Erlass einer judiziellen Entscheidung führen. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Erbfolge und entspricht dem Gedanken der EuErbVO von der Schaffung einer einheitlichen Regelung für Erbfälle mit grenzüberschreitendem Bezug sowohl bei streitigen als auch bei außerstreitigen Verfahren.

Hinweis: Die EuErbVO sieht vor, dass für Entscheidungen in Erbsachen für den gesamten Nachlass die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig sind, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. In der Rechtsprechung war jedoch bislang umstritten, ob der Begriff „Entscheidungen“ auch die Ausstellung nationaler Nachlasszeugnisse wie Erbscheine oder Testamentsvollstreckerzeugnisse umfasst.

Quelle: EuGH, Urt. v. 21.06.2018 – C-20/17